Metropolit Hilarion: die Wiedervereinigung ist unmöglich, wenn eine der Seiten die andere für “heterodox” hält
Metropolit Hilarion erzählte im Interview der Ausgabe “Коммерсантъ” von den Perspektiven der Wiedervereinigung der Russischen Orthodoxen Kirche mit den Altgläubigen.
- Vor fünfzig Jahren fand das Landeskonzil der Russischen Orthodoxen Kirche statt, wo die Entscheidung getroffen wurde die “Beteurung” auf die alten Ritualen abzubrechen, die von dem Großen Moskauer Konzil vom Jahre 1667 angeordnet wurden. Was hat für die Altgläubigen nach dem Konzil 1971 geändert?
- Die Entscheidungen des Landeskonzils der Russischen Orthodoxen Kirche vom Jahre 1971 sind von großer Bedeutung. Sie kennzeichnen die feste Entschlossenheit der Russischen Kirche den Dialog mit den Altgläubigen zu führen, der natürlich die Überwindung der jahrhundertelangen Trennung zum Ziel hat. Es ist ein sehr schwieriger und langsamer Weg, den wir alle gehen werden.
Aber die Entscheidungen des Konzils halfen die gegenseitige Entfremdung entspannen. Die Möglichkeiten sind entstanden den Dialog aufzunehmen, sich an gemeinsamen Projekten, Ausstellungen, Festen zu beteiligen. Jetzt entwickelt sich die Zusammenarbeit in vielen Bereichen des gesellschaftlich- kulturellen Lebens. Zum Beispiel, beteiligen sich die Vertreter der Russischen Orthodoxen Altgläubigen Kirche mit Metropoliten Kornelius an der Spitze jährlich am Weltkonzil des Russischen Volkes und an den anderen Foren, die von der Russischen Orthodoxen Kirche veranstaltet werden. Einige von den Vertretern der altgläubigen Gruppen haben die geistlichen Hochschule der Russischen Orthodoxen Kirche abgeschlossen oder setzen fort dort zu studieren. Die Pilgerfahrten der Altgläubigen entwickeln sich zu den gesamtrussischen Heiligtümern, die sich in den orthodoxen Kirchen oder Klöstern befinden.
Es gibt zahlreiche Beispiele der geschäftlichen Zusammenarbeit von den Orthodoxen und Altgläubigen auf dem lokalen Niveau.
- Vor einiger Zeit haben Sie gesagt, dass man in der Russischen Orthodoxen Kirche keine Hindernisse für die Russische Orthodoxe Kirche und die Russische Orthodoxe Altgläubige Kirche sieht sich im Schoß der einigen Kirche wiederzuvereinigen. Unter welchen Bedingungen kann das passieren?
- Das innere Hindernis dafür sehen wir aufseiten der ROAK: die Wiedervereinigung ist unmöglich, wenn eine der Seiten die andere für “heterodox” hält. Die allgemeine notwendige Bedingung für die Wiedervereinigung ist die gegenseitige Anerkennung von der Orthodoxie der Lehre voneinander. Während des Landeskonzils der Russischen Orthodoxen Kirche im Jahre 1988 wurde “Die Anrede an alle den alten Ritualen folgenden orthodoxen Christen, die keine Gebetsgemeinschaft mit dem Moskauer Patriarchat haben”; in diesem Dokument wurde der Aufruf zum Dialog gelautet, der zur Entwicklung des gegenseitigen Einverständnisses beitragen kann.
Was die Veranstaltung der Wiedervereinigung angeht, zeigen die Ereignisse des gekommenen Jahrhunderts sehr klar: alle Fragen können gelöst werden, wenn das gute Bestreben der beiden Seiten nach dieser Wiedervereinigung existiert, wie es zum Beispiel mit der Wiedervereinigung mit der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland war.
- Gibt es einige Versuche aufseiten der Russischen Orthodoxen Kirche die Verhandlungen über die Wiedervereinigungen mit den Altgläubigen anzufangen?
- Wenn wir genau über die Wiedervereinigung sprechen, haben wir solche Versuche nicht unternommen. Die Art der Beziehungen kommt zum jetzigen Zeitpunkt nicht auf die Verhandlungen über die Wiedervereinigung hinaus, sondern auf die Handlungen die historisch entstandene Entfremdung und das gegenseitige Misstrauen zu überwinden. Es gibt beidseitig viel Vorurteil, zerstörte Vorstellung voneinander. Um ernst über die Wiedervereinigung zu sprechen, ist es notwendig zuerst im theologischen und kirchlich- kanonischen Sinn zu verstehen, was uns immer noch trennt.
- Was behindert die Wiedervereinigung von zwei Kirchen- nur die Auseinandersetzungen in den kirchlichen Ritualen?
- Leider ist es nicht nur die Auseinandersetzungen in den Ritualen. Was die Praxis betrifft, zum Beispiel, nehmen die Altgläubigen sehr streng und geradlinig die Befolgung von den kirchlichen Kanons und sogar den alltäglichen Bräuchen (das Tragen von Bart u.s.w.). Außerdem gibt es die Altgläubigen Gruppen, wo die apokalyptischen Stimmungen so zugespitzt, dass es zu solchen Entscheidungen führt, die für orthodox nicht gehalten werden können ( Verzicht auf das Priestertum, auf einige Sakramente u.s.w.).
- Ist es möglich, Ihrer Meinung nach, diese jahrhundertelangen Auseinandersetzungen zu überwinden, und wenn ja, dann wie?
- Natürlich, je länger die Trennung existierte, desto schwieriger sie zu überwinden. Und im Fall mit den Altgläubigen gab es nicht nur die Auseinandersetzungen, sondern auch Verfolgungen aufseiten der Regierung, bis hin zu den grauenhafsten, die die Tausenden Menschenleben gefordert haben, die sie gezwungen haben außerhalb vom Staat auf der Flucht zu sein. Es ist nicht leicht solche historischen Erinnerungen zu überwinden.
Dazwischen gibt es die Erfahrung von solcher Überwindung in der Russischen Orthodoxen Kirche. Seit 1800 haben im Schoß der Kirche die so genannte Pfarreien der Glaubensgenossen existiert (jetzt werden sie gewöhnlich altgläubig genannt), wo die sich mit der Kirche wiedervereinigten Altgläubigen die Möglichkeit haben nach dem alten russischen kirchlichen Ritual zu beten und gleichzeitig in der kanonischen Gemeinschaft mit ihrer Kirchenleitung zu sein. Die Anzahl von solchen Pfarreien steigt allmählich, und bei der Moskauer Mariä-Schutz- Kirche in Rubzow wird sogar das Patriarchenzentrum der altrussischen gottesdienstlichen Tradition eingerichtet, wo die Literatur für die altgläubigen Pfarreien verlegt wird, die Altardiener und Choristen vorbereitet werden, die Forschungen von der musikalischen Mediävistik und historischen Liturgik durchgeführt werden.
- Welche Beziehungen gibt es jetzt zwischen dem Moskauer Patriarchat und den Altgläubigen?
- Die Kirchenleitung der Russischen Orthodoxen Kirche wird sich der Konsequenzen der kirchlichen Spaltung des XVII. Jahrhunderts tief bewusst, sie hält sie für die nationale Tragödie, deshalb vermeidet sie nie die Möglichkeit diese Konsequenzen zu heilen.
Die Beziehungen können nicht nur offiziell, zwischenkirchlich, sondern auch interpersonal sein. Und hier sieht die Sache nach dem Konzil 1971 ganz gut aus, die gegenseitige Entfremdung verlöscht allmählich. Und man muss sagen, dass die Wiedervereinigung von vielen Altgläubigen, oft von den ganzen Familien mit der Russischen Orthodoxen Kirche die bemerkbare Erscheinung in dem kirchlichen Leben des heutigen Russlands ist.
- Erkennt die Russische Orthodoxe Kirche die Hierarchie der ROAK an?
- Die Hierarchie der ROAK ( die so genannte Belokrinitskaya Hierarchie) wurde selbstständig im Jahre 1846 von dem zu jenem Zeitpunkt emeritierten ehemaligen Metropoliten von Bosno-Saraew Ambrose (Papageorgopolos) im Dorf Belaya Krinitsa gegründet, das sich in jener Zeit auf dem Territorium von Österreich- Ungarn befindete ( jetzt gehört es zur Oblast Tscherniwitzi der Ukraine). Die Gültigkeit der Belokrinitskaya Hierarchie wurde im Russischen Reich nicht anerkannt.
Im Jahre 2014 schlug der altgläubige Metropolit von Moskau und ganz Russland Kornelius vor den Dialog für das Studium der kanonischen Würde der Belokrinitskaya Hierarchie anzufangen. Während des ersten Treffens von unseren Vertretern in Rogozh Sloboda im Jahre 2015 wurde die Einigung erzielt mit dem Dialog zu diesem Thema schriftlich fortzufahren. Zum jetzigen Zeitpunkt haben beide Seiten schon einige Briefe ausgetauscht. Der Dialog zu diesem Thema wird nicht zum Ende gekommen, ich finde es unseren Brüdern aus der ROAK gegenüber ethisch verwerflich seine Details zu verraten. Jetzt läuft die Arbeit der Altgläubigen noch zu einem Brief der Orthodoxen.
- Wenn wir annehmen, dass die Wiedervereinigung der Kirchen geschieht, wer gesellt sich zu, die Russische Orthodoxe Kirche zur ROAK oder die Russische Orthodoxe Altgläubige Kirche zur Russischen Orthodoxen Kirche?
- Meiner Meinung nach, ist es früh darüber zu sprechen. Wenn es zur Wiedervereinigung kommt, werden die Seiten den richtigen Weg finden, wie es im Fall mit der Russischen Orthodoxen Kirche im Ausland war.
- Im Jahre 2017 besuchte der Präsident des Landes das Zentrum des russischen Altgläubigentums- Rogozh Sloboda. Wie verhalten sie sich zum Interesse der Regierung zu den Altgläubigen? Ihrer Meinung nach können die Altgläubigen zur einflussreichen religiösen Organisation zusammen mit der Russischen Orthodoxen Kirche werden?
- Die Russische Föderation ist das multinationale und multikonfessionelle Land. Es scheint mir ganz normal, dass sein Präsident auf die nationalen oder konfessionellen Gemeinden achtet.
Inwieweit die Altgläubigen zur einflussreichen Macht unserer Gesellschaft werden können, hängt von ihnen selbst ab. Ich kann nur hinzufügen, dass das Altgläubigentum selbst ganz ungleichartig ist und sich noch in einige Anzahl der zwischen einander keine Gebetsgemeinschaft habenden Gruppen gliedert. Und man noch keine Tendenz zu ihrer konfessionellen Einheit sehen, was ihre Möglichkeiten erheblich verringert auf bemerkbare Weise die Gesellschaft zu beeinflussen. Aber es ist ihre innere Sache. Und der Dialog mit der Russischen Kirche ist das, was uns direkt betrifft. Und ich möchte die Hoffnung auf seine erfolgreiche Fortsetzung äußern.