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Der Kommentar des Kommunikationsdienstes im Zusammenhang mit der Ansprache des Patriarchen von Konstantinopel Bartholomäus auf der Konferenz zu den Fragen der Weltpolitik (Abu-Dhabi, der 9. Dezember 2022)


Kommunikationsdienst der Abteilung für kirchliche Außenbeziehungen, 03.02.2023. Am 9. Dezember in Abu-Dhabi auf der Konferenz zu den Fragen der Weltpolitik “For a reasonably open world” ließ der Patriarch von Konstantinopel Bartholomäus die Reihe von inkorrekten, grundlosen und ganz verleumderischen Beschuldigungen der Russischen Orthodoxen Kirche gegenüber zuschulden kommen. In seiner Rede, die fast alle nicht dem Thema der Konferenz, sondern der Kritik der russischen Orthodoxie gewidmet wurde, wurde die Geschichte unserer Kirche und Völker, die sie vereinigt, vorurteilshaft und entstellt gedeutet, sowie wurden Andeutungen gemacht, dass die Russische Kirche angeblich von der orthodoxen Lehre und Kanons abweicht.

Ohne die sehr fragwürdigen, inkompetenten und politisierten Einschätzungen des Patriarchen Bartholomäus von einigen historischen Ereignissen in der Geschichte Russlands und Osteuropas zu betreffen, möchten wir das Folgende sagen.

Das orthodoxe Christentum wurde tatsächlich der staatlichen und kulturellen Identität der Kiewer Rus zugrunde gelegt und hat in vieler Hinsicht die nationale Identität von Völkern gebildet, deren Geschichte auf das Taufbecken der Kiewer Taufe zurückgeht. Abgesehen von den Zeiten der Zerrissenheit und Unruhen erkannten diese Völker sich als die einzige kirchliche Gemeinde.

Kiew, der in unseren ältesten Chroniken als “die Mutter der russischen Städten” bezeichnet wird, war historisch die Wiege der russischen Orthodoxie und der erste Stuhl der Russischen Kirche. Wie alter Antiochien für den Orthodoxen Osten, Mzcheta- für Georgien, das Patriarchat von Pech- für Serbien ist Kiew bis jetzt das gemeinsame Heiligtum für unsere Völker, die in der ganzen Russischen Kirche geehrt wird.

Die Entstehung der ukrainischen Identität wird nicht mit der “Dialektik zwischen Erschaffung und Zerstörung” verbunden, wie der Vorsteher der Kirche von Konstantinopel verschwommen fasst, sondern mit den Umständen der Geschichte der Südwest Rus vor dem Hintergrund des mehrhundertjärigen Kampfes der Christen für die Bewahrung ihres Glaubens, ihrer Kultur und Traditionen während der aggressiven andersgläubigen Expansion sowie von Osten als auch von Westen . In diesem Kampf verließen sich unsere Vorfahren auf die Unterstützung ihrer Brüder von Norden, und das Ergebnis war die politische und kirchliche Wiedervereinigung von Moskau und Kiew im XVII. Jahrhundert. Sie entspach dem jahrhunderten Traum unserer Vorfahren, ihr freiwillige und das ganze Volk umfassende Charakter wurde dokumentiert, und diese Wiedervereinigung kann auf keine Weise als “russische fremdländische Herrschaft” bezeichnet werden, weil die Teilnehmer dieser Wiedervereinigung von beiden Seiten sich damals Russen fühlten und nannten.

Später erlebten unsere Völker sowohl triumphale als auch tragische Seiten ihrer gemeinsamen Geschichte. Das XX. Jahrhundert, das der Patriarch von Konstantinopel besonders erwähnt, war nicht nur für ukrainisches, sondern auch für russisches Volk “besonders grausam”. Wir zusammen erlebten Beschwernisse und Verluste des ersten Weltkrieges (1914-1918); Zerfall während des Bürgerkrieges (1918- 1923); Massenhunger in der UdSSR (1932-1933), der auf die Länder nicht nur von der heutigen Ukraine, sondern auch Wolga-Gebiet, dem Ural, Mittelschwarzerdegürtel, Nordkaukasus übergegriffen hat; schließlich der Angriff der nazideutschen Besatzer 1941.
Zu sagen, dass sich das ukrainische Volk nur “ in der Mitte der bewaffneten Konfrontation zwischen der UdSSR und dem Nazideutschland” fand, es als gleichgültiges und willenloses Opfer des Weltkonflikts hinzustellen, bedeutet, die Heldentat der Ukrainer während des Zweiten Weltkrieges zu unterschätzen und herabzuwürdigen. 1941-1945 haben die ukrainischen und russischen Völker Schulter an Schulter dem vereinten Faschismus Europas widerstanden. Für den Sieg über den Nazismus kamen mehr als fünf Millionen Russen und etwa eineinhalb Millionen Ukrainer um. Gerade als Sieger gehörten sie zu den Gründern der Organisation der Vereinten Nationen. Es ist bedauerlich, dass der Vorsteher von Konstantinopel die Verdienste unserer Völker um die Weltgeschichte nicht anerkennt und kein Mitleid mit von ihnen gebrachten Opfern hat, dass er bereit ist, das Gedenken der augenblicklichen politischen Rhetorik und Konjunktur zuliebe zu beleidigen.

Zu den Herausforderungen, die unsere Völker im XX. Jahrhundert erlebten, gehören auch die atheistischen Verfolgungen während des kommunistischen Regimes, die Patriarch Bartholomäus nur flüchtig berührt. Diese religiösen Verfolgungen, die eine der grausamsten in der Geschichte des Christentums waren, haben viele tausende Geistliche der Russischen Orthodoxen Kirche und Hunderttausenden Gläubigen das Leben gekostet. In den 1920er Jahren schuf die kommunistische Regierung künstlich die erneuere Spaltung in der Russischen Kirche, und Konstantinopel unterstützte sie offen.

Undankbar und gewissenlos sind die Vorwürfe des Patriarchats von Konstantinopel der Russischen Kirche, dass nach dem Verfall Konstantinopels 1453 “Moskau Ansprüche darauf erhob, das Patriarchat von Konstantinopel zu ersetzen.” Sogar in schmachvöllsten für die Kirche von Konstantinopel Jahren der Abweichung in die Union (1439) und Legitimisierung der ukrainischen kirchlichen Spaltung (2018) beschränkte sich die Russische Orthodoxe Kirche nur auf den Bruch der Gemeinschaft mit denen, die sich selbst von der dogmatischen und kanonischen Einigkeit der Orthodoxen Kirche exkommuniziert haben. Aber sie hat nie beansprucht, den Platz des Patriarchats von Konstantinopel in der Familie der Orthodoxen Landeskirchen zu nehmen.

Nach dem Verfall des Byzantinischen Reiches blieb Fürstentum Moskau und später Zarentum Moskau wirklich der einzige unabhängige orthodoxe Staat, der fähig war, die orthodoxen Christen im Osten zu unterstützen. Gerade deswegen sprach der Patriarch von Konstantinopel Jeremias II. im Gründungsbrief 1589 über die Gründung des Patriarchats in der Rus Zaren Fjodor I. an: “Dein, mein frommer Zar, großes Russische Reichtum, das dritte Rom, das alle mit Frömmigkeit übertroffen hat, und alle frommen Reichtümer haben sich zusammen versammelt, und du wird unter dem christlichen Himmel in der ganzen Welt, in allen Christen als Zar genannt.”

Trotzdem von den Zeiten von Patriarchen Jeremias bis heute wurde der politische Begriff “Drittes Rom” weder in russischen Staatsakten und Dokumenten, noch in Amtsurkunden und Erklärungen der Russischen Kirche verwendet. Im XX. Jahrhundert sind die von Patriarchen Bartholomäus Ideen größtenteils zum Instrument von Ideologie und Propaganda Feners geworden. Während “des kalten Krieges” wurden traditionell unsere griechischen Brüder und die westliche Gesellschaft durch “Drittes Rom” und “Panslawismus” eingeschüchtert. Wie die neulich von der Zentralen Nachrichtendienstbehörde veröffentlichten Dokumente von Patriarchen Athenagoras mit dem amerikanischen Geheimdienst zeigt, wurde das mythische Argument des “Dritten Roms” aktiv von Fener für die Verschärfung des religiösen Faktors in der internationalen Politik und für die Werbung der politischen Kräfte der Welt verwendet.

Bedauernswert, dass die Hilfe den Völkern des Balkans einschließlich dem brüderlichen griechischen Volk in ihrer Befreiung vom osmanischen Joch Patriarch Bartholomäus als “langjährige Politik Moskaus” zur “ Trennung der orthodoxen Welt” bezeichnet. Es ist offensichtlich, dass sich die Welt von der Orthodoxie für den Vorsteher von Konstantinopel aus alter Gewohnheit auf die Grenzen des Osmanischen Reiches des 18. und 19. Jahrhunderts beschränkt. Seine Unterstützung und Durchsetzungsmechanismus benutzten damals die Vertreter von Fener, um die eigenständige Kultur von Völkern des Balkans, ihre gottesdienstliche Traditionen, ihr Gesang und sogar ihre Sprache auszurotten und durch die griechischen zu ersetzen. Auf solche Weise wurde “die Universalität der evangelischen Botschaft” von Fener verstanden, und jeglicher Widerstand dieser aggressiven Expansion von Seiten der Bulgaren, Serben, Rumäner wurde in die Schublade “Ethnophyletism” gesteckt und als Heterodoxie verurteilt. Zu damaliger Zeit entstand die Idee des Alleinrechtes von Konstantinopel, unilateral die Autokephalen der sich ihm unterordnenden Landeskirchen zurückzunehmen, die sich nicht auf die tausendjährige Tradition der Kirche gründete, sondern auf die administrativen Vorrechte von Millet-baschi, die die Türkische regierung gegeben hat.

Nachdem Fener den Begriff von Ethnophyletismus erfunden und ihn auf dem Konzil von Konstantinopel im Jahre 1872 verurteilt hatte, verurteilte Fener tatsächlich seine eigene langjährige Politik der kulturellen Versklavung der orthodoxen Völker. Die Vorwürfe des “Ethnophyletismus” - oder sogar “des kirchlichen Rassismus”!- der Russischen Orthodoxen Kirche gegenüber, die Millionen Gläubige und Hunderte Völker vereinigt, täglich predigt, betet und Gottesdienste auf Dutzende Sprachen Völker der Welt hält, klingen vernunftwidrig und vulgär.

Zum kanonischen Territorium der Russischen Orthodoxen Kirche gehören 17 Staaten, und in jedem von ihnen unterstützt unsere Kirche die Souveränität des Landes, trägt zur Festigung der traditionellen moralischen Werte und der Institution der Familie bei.

Vor diesem Hintergrund kommen die Bemühungen der Kirche von Konstantinopel im Bereich der Festigung der traditionellen und Familienwerte nicht genug und seine Position ganz zweideutig vor. Die Tatsache, dass einige Hierarchen von Fener die LGBT-Bewegungen, Abtreibungen und Geburtskontrolle offen unterstützen und die zweite Ehe der Geistlichen offiziell genehmigen, bricht die tausendjährigen kanonischen Grundfeste der Orthodoxie, steht im Widerspruch zu früher angenommenen allorthodoxen Dokumenten und erregt die größte Versuchung in der Orthodoxie, einschließlich unter den Geistlichen und Gläubigen der Kirche von Konstantinopel selbst.

Die Predigt “der neuen Welt” verhindert den Patriarchen von Konstantinopel nicht, seine Gegner der Heterodoxie zu beschuldigen. Die Anrufungen zu “den Elementarregeln der kirchlichen Ordnung der Orthodoxie” verhinderte ihn nicht, “die Hierarchen” der ukrainischen Spaltung anzuerkennen, die keine apostolische Sukzession haben. Und die Förderung der in seiner Ansprache erwähnten “westlichen Werte”, einschließlich die verbreitete im liberalen Diskurs eigenartige Erläuterung des Themas der Menschenrechte verhindert den Vorsteher der Kirche von Konstantinopel nicht, seine Augen auf die schreienden Missstände der grundlegenden Rechte und Freiheiten der Geistlichen und Gläubigen in der Ukraine zuzudrücken.

In den Tagen, als die Ansprache von Patriarchen Bartholomäus in Abu-Dhabi vorbereitet wurde, gab es in den Klöstern und Kirchen der Ukrainischen Orthodoxen Kirche Massendurchsuchungen und Besprechungen, gegen ihre Hierarchen und Geistlichen wurden Ermittlungen mit künstlichen und falschen Anschuldigungen eingeleitet, es gab die gewaltsamen Aneignungen der Kirchen und Prügelattacken der Geistlichen, auf der Stelle wurden ihre Oberhirten und Hirten die Verfassungsrechte und vollständige Möglichkeit entzogen, in ihrem Land zu leben. Kein Wort wurde darüber in der Ansprache des Vorstehers von Konstantinopel gesagt. Inzwischen beziehen sich die ukrainischen Politiker und Beamten gerade auf den Tomos des Patriarchen von Konstantinopel als auf die Grundlage für die Verfolgungen und das Verbot der Tätigkeit der Ukrainischen Orthodoxen Kirche. Was ist mehr, unterstützen die Hierarchen von Fener öffentlich die Verfolgungen in der Ukraine und bezeichnen sie heuchelnd “die Reinigung und Erneuerung der ukrainischen Orthodoxie”.

In seiner Ansprache wirft Patriarch Bartholomäus grundlos der Russischen Kirche “die Verwendung der Mittel des Staats” vor, um ihre Ziele zu erreichen. Es ist schwierig, ein kennzeichnenderes Beispiel der Verwendung der staatlichen Handhaben im Interesse der Kirche anzuführen, als der Prozess der Legalisierung der kirchlichen Spaltung, der von Konstantinopel in der Ukraine durchgeführt wurde, und ihre Anerkennung von den Vorstehern in einigen Orthodoxen Landeskirchen. Nach den Erinnerungen der Zeugen saß 2018 der Präsident der Ukraine im Präsidium des sogenannten “Konzils” der Spalter, übte den Druck auf die Spaltungshierarchen und sogar auf den Vertreter von Konstantinopel, den heutigen Metropoliten von Chalcedon Emmanuil aus. Amerikanische Diplomaten und die Vertreter der Geheimdiensten haben die Riesenarbeit geleistet, als sie den für unsere Zeit beispiellosen Druck auf die Vorsteher und die Geistlichen der Orthodoxen Landeskirchen ausübten und versuchten, sie zu zwingen, der antikanonischen Tat des Patriarchats von Konstantinopel zuzustimmen.

Gerade dieser grausame Druck der politischen Kräfte auf die Orthodoxe Kirche in der ganzen Welt und der Wunsch von Fener in der Ukraine unilateral zu arbeiten- wider Willen und Proteste von anderen Landeskirchen- haben zu der tiefen Trennung in der orthodoxen Welt geführt, die Patriarch Bartholomäus in der Ansprache erwähnt hat.
Mit Bedauern sollten wir feststellen, dass auch jetzt der Vorsteher von Konstantinopel diese Trennung nur unterstützt und vertieft. Er nicht nur unternimmt die Versuche, der Russischen Orthodoxen Kirche einige “Fehler”, “Heterodoxie”, die Abweichung von den Kanons und Dogmen mittelbar vorzuwerfen, sondern auch kommentiert beleidigend die Position von allen Orthodoxen Landeskirchen, die auf die Seite Feners zur ukrainischen kirchlichen Frage nicht getreten sind.

Solche Verachtung des Patriarchen von Konstantinopel seinen Brüdern in anderen Landeskirchen gegenüber wurde zum Hauptgrund für die Erfolglosigkeit des Konzils von Kreta 2016. Im Laufe von einigen Jahrzehnten der Vorbereitung auf das Konzil missachteten und schwiegen die Vertreter von Konstantinopel die Meinung von anderen Landeskirchen tot, nahmen der unerwünschten Diskussion den Schwung und die akutesten Fragen der interorthodoxen Beziehungen blockierten und setzten von der Tagesordnung ab. Das führte gesetzmäßig zur Verzögerung des Prozesses der Vorbereitung und dann zum wirklichen Scheitern des Konzils. Mit seinem skandalösen Ansprache in Abu-Dhabi bestätigt der Vorsteher von Konstantinopel nur seine tatsächliche Verwirkung des moralischen Rechtes und der Fähigkeit, Betreuer der interorthodoxen Beziehungen zu sein.

Wir möchten darauf hoffen, dass sich die Position der Orthodoxen Kirche von Konstantinopel in die persönlichen Ansichten und Meinungen ihres Vorstehers nicht erschöpft, und sie hat noch nüchterne Kräfte, die sich an die Worten vom Retter erinnern: wer da will der Vornehmste sein, der sei euer Knecht, gleichwie des Menschen Sohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele (Matth. 20. 26-27)

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